Das Raunen der fast 400 Nußlocherinnen und Nußlocher bei der Infoveranstaltung der Gemeinde im Oktober klingt nach: Damit hatten die Besucher nicht gerechnet. Das vorgestellte Bauwerk ist massiv. 50 Meter Front zur Straße hin, daran angebaut eine 60 Meter lange und etwa sechs Meter hohe Betonmauer. Auf dem Dach des Marktes zwei wuchtige Wohngebäude, die vom Parkplatz aus 15 Meter hoch in den Himmel ragen. Von der heute dort vorhandenen Natur ist nichts mehr übrig, stattdessen versiegelt vor dem Gebäudekomplex ein 2.000 Quadratmeter großer Parkplatz, die ehemalige Schafwiese. Und hinter dem massiven Bau, am Hügel, noch drei weitere, mehrstöckige Wohngebäude. Da, wo sich heute Streuobstwiesen erstrecken.

Die Computer-Animation des Bauprojektes Supermarkt Nord wirkte – bei aller Schönfärberei – ernüchternd für viele, die sich hier unvoreingenommen informieren wollten. So dominant hatte es sich wohl kaum jemand im Saal vorgestellt.

Was ist das für ein Bild, das der Investor, die Firmengruppe Reinhard aus Sandhausen, hier den Nußlochern vorstellte? Ein Supermarkt soll errichtet werden. Dieser Teil des Planes war vorab bekannt. Doch seit den ersten Ankündigungen vor zwei Jahren scheint das Projekt stetig gewachsen zu sein. Erst eine zusätzliche Bebauung des Dachs mit weiteren Gebäuden, dann gleich die Planung von drei weiteren Wohnblocks am Hügel hinter dem Supermarkt. Auf Grundstücken, die dem Investor nicht gehören. Dazu ein riesiger Parkplatz und

gleich zwei neue Zufahrten auf das Gelände, vom Prozessionsweg, einer Wohnstraße, aus. Weshalb taucht das fertige Bild an diesem Abend nach über einem Jahr vermeintlichen Stillstandes wie ein Springteufel aus der Kiste auf? Welche Überraschungen erwarten uns noch?

Viele offene Fragen, die aber zumindest für die deutliche Mehrzahl der Besucher bei dieser Informationsveranstaltung in der Festhalle ohnehin nicht entscheidend waren für ihre Beurteilung des Projektes. Die Ablehnung bei den Nußlocher Bürgerinnen und Bürgern an diesem Abend war deutlich spürbar, und sie war überwältigend.

Das stimmt uns zuversichtlich, dass das Projekt beim Bürgerentscheid am 22. Januar von einer deutlichen Mehrheit der Nußlocherinnen und Nußlocher abgelehnt wird. Es ist gut, dass der Gemeinderat die Entscheidung in dieser strittigen Frage auf Vorschlag des Bürgermeisters in die Hände der Einwohnerschaft gelegt hat. Jetzt können Sie entscheiden und damit diejenigen, die am besten wissen, was gut ist für Nußloch. Mit einem NEIN beim Bürgerentscheid gibt es keinen Bebauungsplan und damit keine Bebauung. Die Fläche kann dann nur landwirtschaftlich genutzt werden.

Die Bürgerinitiative Nußloch intakt, ihre Mitglieder und Unterstützer sehen sich auf jeden Fall bestätigt in ihrer Ablehnung des Bauprojektes „Lebensmittelmarkt mit ergänzender Wohnbebauung“. Ein weiterer Supermarkt ist unnötig. Nußloch ist nicht „unterversorgt“, es gibt auch keine Bedarfsanalyse, die das belegen würde. Und dieser Supermarkt würde die bestehenden Geschäfte in der Ortsmitte und im Versorgungszentrum Massengasse weiter unter Druck setzen. Ganz zu schweigen von dem zusätzlichen Liefer- und Kundenverkehr im Ort.

Wohnbebauung, wie sie in den Animationen des Investors gezeigt wurde, dazu noch in dieser Lage mit hohen Bodenpreisen, wäre finanziell nicht machbar für alle, die in Nußloch günstigen Wohnraum suchen. Unübersehbar und unausweichlich jedoch wären die Folgen eines solchen Eingriffs in die Natur.

Informieren Sie sich! Wir haben unsere Argumente gegen das Projekt hier zusammengetragen, damit Sie sich Ihre Meinung bilden können. Oder Sie sprechen uns einfach persönlich an. Wir freuen uns auf den Dialog!

NEIN heißt NEIN!
Bei einem Votum mit Nein am 22. Januar darf die Wiese am nördlichen Ortseingang von Nußloch weiterhin nur landwirtschaftlich genutzt werden. Eine Bebauung jeglicher Art ist ohne Bebauungsplan nicht möglich. Das sieht übrigens auch der Investor so ...

Rund 400 Nußlocher Bürgerinnen und Bürger informierten sich in der Festhalle – was sie zu sehen bekamen, bestätigte die meisten in ihrer Ablehnung des Projektes.

Nußloch hat, was sich andere wünschen: Lebensqualität im lebendigen Ortskern

In vielen Gemeinden der Nachbarschaft können wir das Sterben der Ortsmitte beobachten: Kaum mehr Geschäfte, keine Cafés oder Bäckereien, kein netter Ort zum Verweilen und keine Möglichkeit mehr, einen kleinen Schwatz mit Nachbarn und Bekannten zu halten.

In Nußloch sieht es aktuell zum Glück noch anders aus. Hier haben wir viele Gründe, in den Ort zu gehen und uns dort eine Weile aufzuhalten. Gastronomie mit Außenbewirtung, Bäckerei, Metzgerei, Drogeriemarkt, Wochenmarkt, Café, Bankfilialen, Buchhandlung, Fachgeschäfte, Apotheken, Kiosk, Post, Rathaus, Dienstleister und nicht zuletzt auch eine gute ÖPNV-Anbindung am Lindenplatz. Hier menschelt es, man grüßt und unterhält sich und Jung und Alt erledigen viele Dinge auf kurzen Wegen - ohne Auto oder zumindest mit nur einem Stopp.

Begegnungsort und „sozialer Marktplatz”

Der Lindenplatz und die untere Sinsheimer Straße sind auch ein sozialer „Marktplatz”. Manche älteren Menschen, die weniger - und wenn, dann auf kurzen Wegen - vor die Tür gehen können, freuen sich hier über die Begegnungen, die sie am Leben der Gemeinde teilhaben lassen. Auch der Wochenmarkt ist – neben dem Einkauf – eine ganz wichtige Begegnungsstätte für viele Nußlocher. Und hier feiert Nußloch auch: Kerwe, Brunnenfest und Benzenickel-Basar leben davon, dass es hier rundherum Geschäfte gibt, die zur Gestaltung und der Bewirtung beitragen.

Nur wo sich Menschen aufhalten, entsteht im Ortskern lebendiges Leben. Geschäfte und Gastronomie, aber auch Dienstleister, schaffen den Rahmen

hierfür. Das ist in Nußloch derzeit in einem gewissen Gleichgewicht. Manche Händler wünschten sich etwas mehr Umsatz, aber sie können die angebotene Qualität und die üblichen Öffnungszeiten sicherstellen.

Doch was passiert, wenn den bestehenden Läden Umsatz wegbricht, weil am Ortsrand ein zusätzlicher Supermarkt öffnet und die Kunden dorthin abzieht? Mit Fleischtheke und Kühlregalen mit Wurst- und Fleischwaren, mit Obst, Gemüse, Käse und Wein? Mit Bäckereikette oder Imbiss? Und mit Waren im „Non-Food“-Bereich, Hygiene- und Körperpflegeprodukten und Zeitschriften?

Umsatzverlust von einer Million Euro

Mehr als eine Million Euro im Jahr würde ein neuer „Supermarkt Nord“ den bestehenden Geschäften Nußlochs an Umsatz wegnehmen. So steht es in dem der Gemeinde vorliegenden Gutachten. Jeder einzelne Ladenbesitzer müsste seinen Teil dieses Verlustes hinnehmen, hätte damit mehrere Tausend oder Zehntausend Euro Jahresumsatz weniger in der Kasse.

Genau das kann jedoch das Gleichgewicht im Ortszentrum kippen lassen. Es drohen Schließungen, Gewerbesteuern fallen aus. Schließlich haben wir eine schlechtere Versorgung der Bewohner in der Ortsmitte als heute. Auch die Marktleute sagen in Gesprächen, dass sie ein Umsatzverlust schwer treffen würde. Sie müssten dann neu kalkulieren, ob sich eine Marktbeschickung in Nußloch noch rechnen würde. Mit dem Bau des Supermarktprojektes Nord wäre der Wochenmarkt in Gefahr und damit ein wichtiges Stück Lebensqualität am Ort.

NABU kritisiert Bauprojekt scharf:
Planung ignoriert Naturschutz

Der Naturschutzbund „NABU“ ist in Fragen von Landschafts- und Naturschutz ein kompetenter und sehr geschätzter Gesprächspartner, auch für Behörden und Institutionen. Wir haben mit dem Vorsitzenden des NABU Leimen-Nußloch, Dr. Harald Kranz, über das Bauprojekt Nord in Nußloch gesprochen.

Frage: Herr Dr. Kranz, weshalb ist der Erhalt von Naturflächen überhaupt wichtig?

Dr. Kranz: Boden ist eine endliche Ressource und ein schützenswertes Gut, er ist Lebensgrundlage für Tiere und Pflanzen und essentiell für unsere Versorgung mit Nahrungsmitteln. Im Jahr 2021 wurden in Baden-Württemberg 2278 Hektar neu versiegelt, das entspricht einer Fläche von etwa 3254 Fußballfeldern.

Die Grün-Schwarze Landesregierung hat das Problem erkannt und als Ziel in ihrem Koalitionsvertrag für den Flächenverbrauch „Netto-Null“ festgelegt. In der Kommunalpolitik wird das Problem dagegen zumeist ignoriert.

Frage: Damit meinen Sie jetzt die Nußlocher Kommunalpolitik?

Dr. Kranz: Ja! Am Ortseingang von Nußloch soll auf einer 1,5 Hektar großen Grünfläche ein Lebensmittelmarkt mit angegliederter Wohnbebauung errichtet werden. Statt einer Innenentwicklung Vorrang zu geben, soll eine weitere Fläche des Grüngürtels zwischen Leimen und Nußloch geopfert werden.

Frage: Weshalb ist das so dramatisch?

Dr. Kranz: Wir befinden uns mitten in einer Klimakrise. Die globale Erwärmung macht vor Nußloch nicht halt. Für das Rheintal wird

eine deutliche Zunahme an Hitzetagen, mehr Starkregen-Ereignisse und eine verstärkte Trockenheit vorhergesagt.

Umso wichtiger ist es, die noch verbliebenen Grüngürtel in unserem Ballungsgebiet zu schützen, um die Auswirkungen des Klimawandels vor Ort abzufedern. Unversiegelte Flächen erhitzen sich weniger stark als Asphalt und Beton. Regenwasser wird im Boden zurückgehalten und die Verdunstung kühlt die Umgebung.

Frage: Sie hatten bei der Bürgerversammlung auch die Tierwelt angesprochen...?

Dr. Kranz: Neben der Klimakrise stellt der Verlust der Artenvielfalt eine globale Bedrohung dar. Wir befinden uns mitten im sechsten Massenaussterben der Erdgeschichte. Beim Erhalt der Artenvielfalt geht es nicht um das Überleben eines einzelnen schönen Schmetterlings oder Vogels.

Seltene Vögel, wie hier der Gartenrotschwanz, finden sich heute auf der Naturfläche.

Es geht um den Erhalt einer intakten Umwelt mit sauberem Wasser, fruchtbaren Böden und ausreichend Nahrung für kommende Generationen. Es liegt also im Interesse von uns Menschen, die natürliche Vielfalt um uns

herum zu erhalten. In Deutschland sind rund 75 Prozent aller Insekten verschwunden, und mit den Insekten verschwinden auch die Vögel.

Frage: Und was ist in Nußloch so besonders?

Dr. Kranz: Der Nußlocher Grüngürtel ist geprägt von Kleingärten, Streuobstwiesen und einzelnen Weinbergen. Zwei unserer letzten landwirtschaftlichen Betriebe in der Region, der Ziegenkäsehof und der Schafhof, haben hier Weideflächen für ihre Tiere. Weidetiere erhöhen das Insektenvorkommen und leisten einen wichtigen Beitrag für die Biodiversität. Durch die Vielfalt der Strukturen findet man in dem Gebiet noch seltene Vogelarten wie Star, Neuntöter, Gartenrotschwanz oder den Wendehals, eine stark gefährdete Rote Liste 2-Art in Baden-Württemberg. Die geplante Bebauung schränkt den Lebensraum vieler Tiere weiter ein.

Frage: Welche Schlussfolgerung ziehen Sie daraus?

Dr. Kranz: Das Siedlungsgebiet an seinen Rändern weiter auf Kosten der Natur zu vergrößern, ignoriert die negativen Auswirkungen auf das lokale Klima und die Artenvielfalt und schadet damit mittelfristig den Nußlocher Bürgerinnen und Bürgern. Der NABU lehnt das Bauprojekt entschieden ab. Es ist völlig aus der Zeit gefallen.


Weitere Informationen
zum Thema unter www.nabu-leimen-nussloch.de/projekte/einzelhandel-nußloch-nord/

Mehr Verkehr, Lärm und Abgase

Schon heute ist die Hauptstraße ein Nadelöhr, bei zusätzlichem Pkw- und Lkw-Verkehr droht zubestimmten Zeiten der Kollaps.

Ein Supermarkt im Norden erzeugt weiteren innerörtlichen Verkehr und Lärmemissionen. Täglich würden etwa 750 bis 1.000 Pkw zu einem neuen Supermarkt durch den Ort „raus“ an den nördlichen Ortsausgang fahren – jeweils mit Hin- und Rückfahrt. Statistiken belegen diese Zahlen: Einkäufe in Supermärkten in Ortsrandlagen werden zu 90 bis 95 Prozent mit dem Auto erledigt. Das wäre in Nußloch nicht anders, schließlich ist so ein Markt, am äußersten Ortsrand gelegen, fußläufig nicht gut erreichbar.

Vom zusätzlichen Verkehr belastet würden vor allem die enge Hauptstraße sowie die Kurpfalzstraße. Die Fahrzeuge fahren durch die Wohngebiete, unter anderem vorbei am Fröbel-Kindergarten oder am Pflegeheim Haus Rheinblick. Aber auch die Anwohner der Massengasse werden den zusätzlichen Lärm und Verkehr zu spüren bekommen, denn über diese Straßen würden dann ab dem frühen Morgen die Liefer-Lkw von der B3 kommend anfahren. Und nicht nur Kleintransporter, sondern auch schwere Sattelzüge und

Kühltransporter. Dann der Lärm beim Entladen, vor allem der lauten Kühlfahrzeuge. Besonders die Anwohner des Supermarktgeländes wären davon betroffen.

Für einen Supermarkt als Vollsortimenter ist nach Recherchen bei anderen Supermarktbetreibern täglich mit bis zu 10 Lkw zu rechnen, also bis zu 20 Fahrten hin- und zurück. Die üblichen Lieferzeiten beginnen um 6:00 Uhr morgens und können bis in den Abend reichen. Das erhöhte Verkehrsaufkommen erzeugt neben Lärm auch Abgase entlang der Durchgangsstraßen. Und Lkw verbrauchen bis zu 35 Liter Diesel auf 100 Kilometer, ein Vielfaches eines Pkws.

Schließlich würde die Ansiedlung des „Supermarktes Nord“ genau das Gegenteil von dem bewirken, was die Gemeinde selbst als ihre Ziele des Mobilitäts- und Verkehrskonzeptes und der Lärmaktions-Planung festgelegt hat. Allein die negativen Auswirkungen durch Lärm, Verkehr und Emissionen sind Grund genug, das Projekt beim Bürgerentscheid mit einem klaren „Nein!“ abzulehnen!

Das Märchen von der Unterversorgung

Deutschland: Das Land der 38.000 Supermärkte! Spitzenplatz in Europa bei der Supermarktdichte.

In Nußloch und fünf Kilometer Umgebung: 25 Supermarkt- und Discounter-Filialen von REWE, Lidl, Penny, Aldi, Netto, Edeka, Denn’s, Kaufland, Nahkauf & Co.

In Nußloch selbst: REWE-Supermarkt (Vollsortimenter), Penny-Markt (Discounter), ERMAR-Center (Lebensmittelmarkt), drei Bäckereien, zwei Metzgereien und fünf bäuerliche Hofläden, Weinladen, Drogeriemarkt, und weitere!

Lebensmittel-Verkaufsfläche in Nußloch: 3.800 qm. Das entspricht mehr als der Hälfte des Rasenspielfeldes der Münchner Allianz-Arena!

Ist das die Unterversorgung, von der die Befürworter des Bauprojektes Supermarkt Nord sprechen?

Urteilen Sie selbst, und stellen Sie sich am 22. Januar 2023 mit Ihrer „Nein“-Stimme aktiv gegen das Projekt!

abc

5 Fragen und Antworten zum Bürgerentscheid

Weshalb findet überhaupt eine Abstimmung statt?

Eine Mehrheit von Gemeinderatsmitgliedern will, dass ein Investor die Naturfläche am Ortseingang Nord mit einem Supermarkt und Häusern bebaut. Sehr viele Bürgerinnen und Bürger in Nußloch wollen das nicht. Auf Vorschlag des Bürgermeisters sollen jetzt die wahlberechtigten Nußlocher selbst entscheiden, ob sie die Pläne befürworten oder ablehnen.

Wann und wie wird gewählt?

Es findet eine Wahl statt, wie z.B. die Wahl des Bürgermeisters. Mit Wahlbenachrichtigung im Briefkasten, mit Wahllokalen, Stimmzetteln und geheimer Abgabe der Stimmen an den Wahlurnen. Die Wahl findet am Sonntag, 22. Januar 2023 statt. Außerdem kann jeder auch per Briefwahl wählen.

Wer darf wählen?

Alle in Nußloch und Maisbach wahlberechtigten EU-Bürger ab 16 Jahre.

Wer gewinnt die Wahl?

Es gewinnt keine Person oder Partei. Es ist eine Sachentscheidung, für oder gegen die Bebauung. Wenn aber die „Nein“-Stimmen gegen das Projekt in der Mehrheit sind, darf auf der Naturfläche nicht gebaut werden. Es müssen mindestens 20 Prozent der Nußlocher Wahlberechtigten gegen das Projekt stimmen.

Was geschieht bei einer Ablehnung mit „Nein!“?

In diesem Fall darf die Fläche weiterhin nur landwirtschaftlich genutzt werden. Eine Bebauung jeglicher Art ist ohne Bebauungsplan nicht möglich.

Penny-Markt und Apotheke, Metzger, Kiosk, Bäckerei und „Lichtblick“: das Nebenzentrum in der unteren Massengasse ist wichtig und darf nicht gefährdet werden.

Menschelnde Mitte des Unterdorfs
Weshalb wir die Läden in der Massengasse brauchen

Die höchste Bevölkerungsdichte hat Nußloch rund um den unteren Teil der Massengasse. Allming, Neue Heimat, Mühlstraße mit Nebenstraßen bis hin zur Heidelberger Straße. Hier leben im Umkreis von rund 500 Metern 2.000 bis 2.500 Bürgerrinnen und Bürger. Wer hier wohnt und fußläufig einkaufen will, findet an der Massengasse, Ecke Mühlstraße, eine funktionierende Grundversorgung.

Das Ensemble bildet ein Nebenzentrum, das täglich zu allerlei Einkäufen und Besorgungen genutzt wird: die „menschelnde Mitte des Unterdorfes“. Mit dem Penny als Discountermarkt, der Metzgerei Neff-

Neubauer, der Backmanufaktur „Brot & Salz“, der Mühlen-Apotheke, dem beliebten Eck-Kiosk von Harald Schlund. Und schließlich dem Verein „Lichtblick“ als wichtigem Anlaufpunkt mit seinem Lädl für Lebensmittel und Kleidung. Auch hier gilt, was für die Ortsmitte zutrifft: Ein stabiles Ensemble der Grundversorgung, das durch neue, mächtige Konkurrenz am Ortsrand Nord und die dadurch zu erwartenden Umsatzverluste aus dem Gleichgewicht geraten kann.

Bedenken die Befürworter des Neubauprojektes auf der grünen Wiese das mit? Denken sie an die Menschen, die hier leben und auf die gute Erreichbarkeit der jetzigen Geschäfte angewiesen sind?

Suffolk-Schafe auf der Wiese: Hier ist die Welt noch in Ordnung.

Wertvoll und nachhaltig: unsere bäuerliche Landwirtschaft

Fünf bäuerlich-landwirtschaftliche Betriebe mit Direktverkauf hat Nußloch – man muss lange suchen, um solch eine örtliche, naturnahe Versorgung in einer anderen Gemeinde zu finden. Wer die Rückbesinnung auf nachhaltiges Wirtschaften und fairen Umgang mit Tierhaltung und Natur unterstützt, lebt in Nußloch geradezu paradiesisch. Noch. Denn jetzt braucht die Nußlocher Landwirtschaft unseren Schutz!

Die Beweidung durch Schafe und Ziegen dient der Landschaftspflege, dem Gewässer-, Trinkwasser- und Erosionsschutz. Und der Artenvielfalt. Artenreichtum wird durch den Verbiss von Gräsern und Kräutern und durch die natürliche „Verteilfunktion“ begünstigt, da Schafe in ihrem Fell Pflanzensamen und Kleintiere (z. B. Insekten) von Fläche zu Fläche transportieren.

Der Nußlocher Schafhof hat ca. 200 Suffolk-Schafe, Milchschafe, Lämmer, Zuchtböcke, Hütehunde und Galloway-Rinder. Es ist ein Selbstversorgerbetrieb, denn er nutzt die umliegenden Grünflächen als Weidefläche und erzeugt seine Futtermittel ohne Einsatz von

Düngemitteln und Herbiziden und so weit wie möglich selbst. Vorbildlicher geht es nicht. Doch der Verlust von Weidefläche erhöht den Existenzdruck auf den Betrieb, und auch auf den benachbarten Ziegenkäsehof mit seinen 100 deutschen Edelziegen. Wollen wir diesen Hof gefährden, wenn ein großer Teil der bisher als Weidefläche genutzten Wiese zugebaut wird? Wenn Licht, Lärm und Abgase die natürlichen Lebensbedingungen der Schafe und der Tiere im benachbarten Ziegenhof zerstören?

Wenn auch nicht unmittelbar, so würde durch das Bauprojekt auch die übrige Landwirtschaft in Nußloch unter Druck gesetzt. Zum Beispiel, weil für das Baugelände Ausgleichsflächen geschaffen werden müssten, die an anderen Stellen der Gemeinde Weide- oder Ackerland ersetzen.

„Die Schäfer sind wichtige Partner des Naturschutzes“, bekennt sich die FDP Baden-Württemberg klar zur Schafhaltung. Die Nußlocher FDP/BfN-Fraktion hingegen erklärt im Gemeinderat lapidar, dass die Schafe anstelle der Wiese sicher auch anderswo eine andere Futterquelle finden würden. Ein erstaunlicher Widerspruch.

Idylle am Ortsrand: Ein Schatz, den es zu bewahren lohnt!

Wer von Norden, aus Leimen, in unser Nußloch kommt, freut sich über die Natur mit Wiesen und Bäumen auf beiden Seiten der Straße. Rechtsseitig der Blick auf Waldbestand und Ackerland und linkerhand Bäume, Streuobstwiesen und Weideland für die grasenden Schafherden und Ziegen. Im Hintergrund dann aufsteigend die Hügel der hier beginnenden Bergstraße bis hin zum kleinen Odenwald, die dem Ganzen einen harmonischen Rahmen geben.

Wohl kein anderer Ort der Region hat noch solch eine idyllische Landschaft mit kleinbäuerlicher Landwirtschaft am Ortseingang. Die Nußlocher, ob jung oder alt, lieben gerade dieses Kleinod mit Bullerbü-Charakter. Einheimische, die hier aufgewachsen sind und als Kinder auf den Wiesen vielleicht auch gespielt haben, wissen das ebenso zu schätzen wie Zugezogene und Neubürger. Spaziergänger, die zum Teil schon frühmorgens unterwegs sind, schätzen dieses besondere Stück Natur, das nicht nur schön anzusehen ist, sondern auch einen erheblichen Freizeitwert bietet.

Nußloch ist eine an vielen Stellen noch dörflich geprägte, schöne Gemeinde mit nur wenigen Bausünden. Drei der fünf Ortseingänge sind als Visitenkarten der Gemeinde noch einladend durch Natur und Landwirtschaft geprägt (Ortseingang Nord/Leimen, Ortseingang Ost / Maisbach, Ortseingang Süd/Wiesloch). Ein großflächiger Einkaufsmarkt auf der grünen Wiese entwertet diesen schönen, nördlichen Ortseingang und schädigt damit auch ein Stück weit die Besonderheit der Gemeinde. Diesen unwiderruflichen Planungsfehler gilt es zu vermeiden.

Kleine Steingärten begrünen und große Wiese betonieren?

Der Gemeinderat Nußloch legt ein Förderprogramm auf, damit BürgerInnen ihre Schottervorgärten entsiegeln. O-Ton: „Lebensraum für Tiere! Kühle Oasen zur Verbesserung des Kleinklimas!“ Gleichzeitig treibt eine Mehrheit im Gemeinderat jedoch ein Projekt voran, das 12.000 qm Grünflächen in Beton und Asphalt umwandelt. Sie „befeuern“ vor Ort das, was wir beklagen. Warum gibt es eigentlich das kommunale Klimaschutzkonzept?

Dramatische Klimagefahren: Was uns bei Bebauung droht

Klimakrise und Klimafolgen – inzwischen sieht jeder die Folgen: Hitze, Trockenheit, Wassermangel, Niedrigwasser, Ernteausfälle, Waldbrände, Starkregen, Sturzfluten, Überschwemmungen. Und vieles haben wir Nußlocher in den vergangenen Monaten und Jahren schon selbst zu spüren bekommen. So haben beispielsweise mehrere Starkregen-Ereignisse die Keller volllaufen lassen und Bauschäden verursacht. Und auf der anderen Seite hat unsere Landwirtschaft die langen Trockenperioden im Sommer hart zu spüren bekommen. Das Nußlocher Mikroklima: Ein monatelanger Hitzesommer, kaum Niederschlag, 108 Tage mit mehr als 25 °C (2021: 69 Tage). Das hat auch unserem Wald extrem zugesetzt. Am 19. Juni hatten wir hier einen neuen vorsommerlichen Hitzerekord mit 37,2 °C. Und im Herbst dann Starkregen mit bis zu 50 Liter Wasser pro Quadratmeter – innerhalb von nur einer Stunde! Diese Entwicklung wird zunehmen, und gerade deshalb ist die Erhaltung von Naturflächen auch in unserem Ort wichtiger denn je.

Beim Klimaschutz kommt neben den Wäldern auch den Böden der Landwirtschaft eine wichtige Rolle zu. Landwirtschaftliche Nutzflächen bringen nicht nur Nahrungsmittel hervor, sondern binden und speichern große Mengen Kohlendioxid, durchschnittlich rund 180 Tonnen pro Hektar. Und bei Starkregen binden diese Flächen große Wassermengen, die dann nicht über versiegelte Oberflächen in die mengenbegrenzte Kanalisation laufen und Überschwemmungen verursachen.

Nußloch liegt zudem am Oberrheingraben, der schon heute wärmsten Region in Deutschland. Ausgerechnet hier in der Tiefebene werden zukünftig die höchsten Temperaturanstiege Deutschlands erwartet. Und es wird dabei insbesondere in den Siedlungsgebieten immer wärmer. Grünflächen werden daher auch in Nußloch sowohl als Temperaturpuffer als auch zur Starkregenaufnahme immer wichtiger.

Auch der offizielle Flächennutzungsplan weist eindeutig auf die Gefahren einer Bebauung der Wiese Nord hin. Dies führe zum „...Verlust eines Kaltluft-Entstehungsgebietes mit guten Abflussbedingungen und Freifläche mit hoher klimatisch-lufthygienischer Ausgleichsfunktion.“

Welche Wohnungen wir brauchen - und wo

Gibt es irgendwo in Ballungsgebieten derzeit ausreichend Wohnraum? Egal, wo heute eine freie Wohnung angeboten wird, melden sich umgehend dutzende Bewerberinnen und Bewerber. Wegen dieses allgemeinen Mangels würden selbst 1.000 neue Wohnungen in Nußloch, bei derzeit bereits etwa 5.700 vorhandenen Wohneinheiten, den regionalen Bedarf nicht decken.

Konzentrieren wir uns also auf unseren Ort: Wie entwickelt sich die Bevölkerung in Nußloch in den nächsten Jahren und welche Wohnraumreserven haben wir? Und es braucht eine Zielvorgabe: Für wen wollen wir Wohnraum schaffen in der Gemeinde? In welchem Rahmen können sich die Nußlocher Bürgerinnen und Bürger diese neuen vier Wände leisten?

Die Bevölkerungsdaten sind frei verfügbar: Seit 2017 (11.324) bis heute (11.357) gibt es in Nußloch kein nennenswertes Bevölkerungswachstum. Das liegt vor allem an der Altersstruktur. In den jüngsten Zahlen ist bereits enthalten, dass in den letzten fünf Jahren im Neubaugebiet „Am Seidenweg“ ständig weiter gebaut wurde, Neubürger zugezogen sind und wir seit März mehr als 100 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen haben. Auch bis 2035 liegt die Entwicklungsprognose für Nußloch nur bei 11.480 Einwohnern. Also auf Sicht der nächsten zwölf Jahre nur eine sehr geringe Veränderung.

340 Wohnungen stehen leer

Dazu eine vielleicht überraschende, aber sehr interessante Wohnraum-Reserve: Die Gemeindeverwaltung hat durch eine Beratungsfirma jüngst ermitteln lassen, dass in Nußloch rund 340 (!) Wohnungen leer stehen. Also schon jetzt Platz genug für ein Vielfaches unseres eigenen Bevölkerungswachstums.

Unabhängig davon wird ständig an vielen Stellen im Ort neuer Wohnraum geschaffen – auf unbebauten Grundstücken, in Baulücken, durch Abriss und (größeren) Neubau, Sanierungen, Aufstockungen usw.

Allein in den letzten gut zwei Jahren sind innerhalb von Nußloch über 100 neue Wohnungen und Häuser beantragt und genehmigt worden. Gerade jüngst wurden an der Massengasse/Ecke Fröbelstraße zehn neue Reihenhäuser und ein Doppelhaus auf den Weg gebracht und auch auf dem Gebiet der heutigen ARAL-Tankstelle entsteht 2023 neuer Wohnraum. Hinzu kommen bald weitere Projekte, wie die Sanierung und Erweiterung der zentral gelegenen Kaiserstraße 16 (19 bezahlbare Wohnungen) oder die Entwicklung der maroden Gebäude Allming 6 und 8 (25 Wohnungen).

Vorhandene Potenziale nutzen

Fazit: Ein vernachlässigbarer Bevölkerungszuwachs, 340 leerstehende Wohnungen und ein in der Praxis gut funktionierendes „Gemeinde-Entwicklungskonzept 2035“ mit der Planungsprämisse Innenentwicklung vor Außenentwicklung! Wir müssen gar keine weiteren, wertvollen Grünflächen am Ortsrand opfern, sondern einfach zielgerichtet mit den vorhandenen Potentialen arbeiten!

Und jetzt Wohnen auf dem Dach eines Supermarktes, am äußersten Ortsrand? Mit Be- und Entladevorgängen durch frühmorgendlichen Lkw-Lieferverkehr mit Lärm, mit fortlaufendem An- und Abfahrtsverkehr bei täglich rund 15-stündiger Öffnungszeit? Auf einem Gelände, das abends und die Nacht hindurch beleuchtet ist (Lichtverschmutzung)? Und das im Sommer Tag und Nacht durch den riesigen Parkplatz flimmernde Hitze erzeugt und an die Umgebung abstrahlt? Noch dazu mit voraussichtlich hohen Mieten auf teurem Baugrund mit hohen Baupreisen?

Wir denken: Das braucht Nußloch nicht. Deshalb: „Nein!“ beim Bürgerentscheid am 22. Januar 2023!

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Verantwortlich für den Inhalt dieser Seite:
Nußloch intakt e.V., Vorstand
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Udo Lahm, Tel.: 0171-2666 055
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Yannick Veits: Tel. 0163-6148 304
Fotos: Privat, Nußloch intakt e.V.

Denken, bevor der Bagger kommt!
Was Fachleute sagen - Nußloch ist nicht allein

Was sagen eigentlich Politiker, Gutachter und die Menschen in anderen Gemeinden zu Supermarktplänen am Ortsrand? Hier eine kleine Auswahl des aktuellen Meinungsbildes. Die CDU-Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg, Nicole Razavi, fordert lebendige Innenstädte, eine Konzentration auf die Innenentwicklung. „Muss der Supermarkt wirklich am Ortsrand stehen? Ich meine: nein!“

SPD-Landesvorstand und bayerischer Landtagsabgeordneter Klaus Adelt fordert: „Die Ansiedlung von Supermärkten auf der grünen Wiese muss planungsrechtlich erschwert werden.“

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Ludwig Hartmann, beklagt die Schwächung der Ortskerne, den Flächenverbrauch und die immer

gleichförmiger gesäumten Ortsränder. Er fordert „eine Politik, die denkt, bevor der Bagger kommt,“, „den verantwortungsvollen Umgang mit der begrenzten Ressource Boden und eine gesunde Entwicklung unserer Dörfer...“

Ein offizielles Gutachten der Gemeinde Roßtal kommt zu dem Schluss: „Durch Supermärkte auf der grünen Wiese veröden die Ortskerne. Sie sind eine planerische Fehlentwicklung.“

Gerhard Beck von der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA), der das Einzelhandelsgutachten für Nußloch erstellt hat, erklärt im Juli 2022 in einem Interview mit einem Magazin für Städte und Gemeinden: „Supermärkte am Ortsrand sind nicht der Königsweg.“

In Wilhelmsfeld (Bürgerentscheid September 2021) und Eppelheim (Ankündigung

Bürgerentscheid, Rücknahme der Planungen, Mai 2021) wurden Gemeinderatsmehrheiten für geplante Supermarktansiedlungen im Grüngürtel durch Bürgerengagement gestoppt und ad acta gelegt.

Bürgerinitiativen, Widerstände und politische Beschlüsse gegen Supermärkte auf der grünen Wiese gibt es in ganz Deutschland, z. B. in Alsbach-Hähnlein (Hessen), Höchstädt (Schwaben), Seeg (Allgäu), Uttenreuth (Mittelfranken), Türkenfeld (Bayern), Landkreis Fürstenfeldbruck, Sölden & Wittnau (Südbaden), Rommelshausen (Württemberg), Lützelbach (Odenwald), Waldbüttelbrunn (Unterfranken), Bad Zwesten (Hessen), Wenzenbach (Oberpfalz), Fischach (Schwaben), Riedering (Chiemsee) und, und, und...

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