Die Gemeinde hatte in die Festhalle zu einer Informationsveranstaltung zum strittigen Thema „Ortseingang Nord – Steinäcker“ bzw. dem Erhalt oder Bebauung von 12.000 qm grüner Idylle im Norden von Nußloch eingeladen. Was sich an diesem Abend des 27. Oktober 2022 in Nußloch abgespielt hat, war beeindruckend. Bereits eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn war spürbar Leben im Ort. Aus allen Himmelsrichtungen kommend waren in den Straßen Menschen zu Fuß unterwegs, um zur Halle zu pilgern. Man musste sich später geradezu die Augen reiben. Rund 400 (!) Nußlocherinnen und Nußlocher füllten den Saal und das angrenzende Foyer, das ebenfalls bestuhlt und mit Leinwand ausgestattet war. Das inhaltliche Programm war ausgesprochen aufschlussreich und ging nach zweieinhalb Stunden Präsentationen, Diskussionen und Fragerunden zu Ende.
Ein Höhepunkt war sicherlich der tosende, langanhaltende Applaus im Saal, nachdem Dr. Harald Kranz vom Naturschutzbund (NABU) allen vor Augen geführt hatte, in welchem konkreten Zusammenhang eine Vernichtung und Versiegelung unserer wertvollen Natur-, Grün- und Weideflächen inmitten dieses dicht bebauten Ballungsgebiets mit den Herausforderungen unserer Zeit steht: Klimakrise (Makroklima: Metropolregion Rhein-Neckar in der Oberrheinischen Tiefebene in der Gefährdungskategorie mit dem höchsten prognostizierten Temperaturanstieg), Hitzeareal (Mikroklima Nußloch: asphaltiertes Supermarktgelände statt puffernde Kühlflächen), Starkregenereignisse (präventive Wasseraufnahme durch Grünflächen), Artensterben (Rote Liste bei uns vorkommender, vom Aussterben bedrohter Tierarten), Erhalt der bedrohten nördlichen Streuobstwiesen (gesetzlicher Naturschutz) und der nicht umkehrbare Verlust landwirtschaftlicher Flächen (Existenz der ortsansässigen bäuerlichen Höfe, regionale Nahrungsmittelerzeugung).
Ebenfalls lautstarker Applaus wurde dem Vorstand von Nußlochintakt Franz Josef Schoppengerd als letztem Redner zuteil. Von Seiten der Bürgerinitiative ging er zunächst faktenbasiert auf das Einzelhandelsgutachten und die vorgestellte Planung des Investors, der Reinhard Unternehmensgruppe, ein, um sich dann den Kernpunkten zu nähern: Der Frage „Benötigen wir überhaupt einen weiteren Supermarkt?“ und „Was sind die negativen Folgen dieses Projektes für Nußloch?“ – für das (noch) liebenswerte Landschaftsbild (Zersiedlung des Grüngürtels, Veränderung des Ortscharakters), für den Ortskern (Schwächung, weniger Laufkundschaft, Gefährdung inhabergeführter Geschäfte wie Metzgereien, Bäckereien, Drogeriemarkt oder Wochenmarkt), für den Verkehr (Pkw-Fahrten und Lkw-Lieferverkehr durch die Haupt- und Kurpfalzstraße), auf die Natur und letztlich auch auf uns Menschen (Emissionen, Lärm, weniger soziale Aufenthalts- und Erledigungskontakte in der Ortsmitte, zurückgehende Naherholungsflächen).
Es war insgesamt eine äußerst gelungene Veranstaltung. Ein besonderes Lob geht an die Gemeindeverwaltung für die gute Organisation, das Hinzuziehen eines externen Moderators und die Wahrung einer Atmosphäre, die trotz deutlich unterschiedlicher Positionen von Respekt und konstruktivem Austausch geprägt war. Wir sehen dem von unserem parteiunabhängigen Bürgermeister Joachim Förster vorgeschlagenen Bürgerentscheid am Sonntag, den 22. Januar 2023, mit voller Unterstützung entgegen und gehen davon aus, dass der 18-köpfige Gemeinderat diesem Votum spätestens nach dieser beeindruckenden Bürgerresonanz bei der Gemeinderatssitzung am 9. November mit der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit folgen wird. Dann läge die Entscheidung basisdemokratisch alleine in den Händen der Nußlocher Bürgerschaft. Es wäre ein wunderbares Beispiel für eine richtungsweisende Abstimmung, bei der die Menschen vor Ort unmittelbar entscheiden können, was ihnen für ihre Zukunft wichtig ist.